Johann Gottlieb Graun, Konzertmeister der Hofkapelle Friedrichs II. von Preußen, schrieb mindestens 83 Solokonzerte, außerdem Doppelkonzerte sowie einige Gruppenkonzerte mit Solovioline. Von den Solokonzerten sind neun nur durch Katalogeinträge bekannt; die Noten selbst sind verschollen. Die übrigen 74 Konzerte sind ausschließlich in Abschriften überliefert. Leider kann nur bei acht von ihnen die Zuschreibung an Johann Gottlieb Graun als völlig gesichert gelten. Die meisten Handschriften stammen überwiegend von Kopisten, die in keiner engeren Beziehung zum Komponisten gestanden haben, oder sie tragen als Autorenangabe nur den Namen „Graun“. Allerdings liegt die Annahme nahe, daß Werke für Solovioline unter den Grauniana mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließlich aus der Feder des Konzertmeisters Graun stammen.
Ebenso diffizil wie die Frage der Autorschaft ist die nach der Datierung der Konzerte. So ist das Violinkonzert a-Moll in vier Abschriften überliefert, von denen zwei mit Sicherheit aus der Zeit nach dem Siebenjährigen Krieg stammen. Das könnte auch für eine dritte Quelle gelten, eine Partitur, die möglicherweise von Carl Friedrich Zelter angefertigt wurde. Wahrscheinlich handelt es sich bei dem Konzert um ein Werk aus den 40er/50er Jahren. Zum einen steht es formal und kompositionstechnisch unter dem Eindruck der von Giuseppe Tartini in den 1730er Jahren entwickelten Konzertform, zum andern zeigt es in seinem lyrischen Grundzug, in der Aufwertung des Schlußsatzes im Satzzyklus und der dichten motivischen Arbeit im Kopfsatz den reifen Stil Grauns.
(aus dem Vorwort zur Partitur von Christoph Henzel)