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om115 / Band 7
Antonio Caldara (1670–1736)
Motetti a due o tre voci, op. 4 (Bologna 1715)
für zwei und drei Singstimmen und Bc
Herausgegeben von Annegret Rosenmüller
om115
Ausgaben*

Antonio Caldara (um 1670–1736) gehört nicht in die Reihe der am sächsisch-polnischen Hof angestellten Kapellmeister und Kirchen-Compositeurs. Ein Teil seiner Werke erreichte jedoch zu seinen Lebzeiten und auch später eine überaus weite Verbreitung. Vermutlich nach Vorlagen aus Prag gelangten von ihm eine Reihe handschriftlich überlieferter Kompositionen an den sächsisch-polnischen Hof in Dresden, während die 1715 in Bologna erschienenen „Motetti a due o tre voci“ op. 4 wahrscheinlich – wie zahlreiche andere, in derselben Stadt gedruckte Werke italienischer Komponisten – zu einem unbekannten Zeitpunkt direkt angekauft wurden und teilweise Eingang in das Hofkirchenrepertoire fanden.

Caldaras Karriere spiegelt die Situation hochqualifizierter und dabei erfolgreicher italienischer Musiker seiner Generation in markanter Weise. Geboren in Venedig als Sohn eines Geigers und Theorbisten an der Basilika San Marco, erhielt er seine Ausbildung als Chorknabe an dieser Kirche und war dort seit 1688 als Sänger und Instrumentalist angestellt. Ein Jahr später schrieb er mit L’Argene seine erste Oper; 1693 erschienen von ihm die Suonate a 3 op. 1 im Druck. Weitere Werke erregten bald Aufsehen, und so erhielt er 1699 eine feste Anstellung als Kapellmeister des Herzogs Carlo Ferdinando von Mantua. Mit dem ein Jahr später ausgebrochenen Spanischen Erbfolgekrieg war die Situation in der Gonzaga-Residenz jedoch unsicher geworden. Carlo Ferdinando stand auf der Seite Frankreichs und verlor nach den militärischen Erfolgen der kaiserlichen Truppen 1707 endgültig sein Land an die Habsburger. Als sich der Hofstaat auflöste, ging Caldara nach Rom, wo er 1709 bei dem Marchese Francesco Ruspoli (1672–1731) eine Anstellung als Kapellmeister fand, aber bald auch erste Kontakte zum spanischen König Carlos III. knüpfte, der damals in Barcelona residierte. Nachdem dieser 1711 als Kaiser Karl VI. die Nachfolge seines frühverstorbenen Bruders Joseph I. antrat, reiste Caldara mehrfach nach Wien und wurde dort schließlich 1716 zum Vizekapellmeister ernannt. Damit hatte er endlich eine Anstellung erreicht, die ihm eine weitgehende Unabhängigkeit von politischen und kriegerischen Wechselfällen bot. Bald galt er als Lieblingskomponist Karls VI. und hatte in den verbleibenden zwanzig Jahren bis zu seinem Tod immer wieder Musik für die repräsentativen Gelegenheiten des Kaiserhofes zu liefern.

Die „Motetti a due o tre voci“ op. 4 entstanden jedoch bereits am Ende von Caldaras römischer Zeit. Obwohl der Komponist beim Marchese Ruspoli angestellt war, sind sie Pietro Kardinal Ottoboni (1667–1740) gewidmet, der als Auftraggeber jahrzehntelang aktiv war und in dieser Hinsicht einen überregionalen Ruf genoß. Die zugrundeliegenden Texte sind – mit der Ausnahme des Transfige, dulcissime Jesu, das sich an eine bekannte Oratio Sancti Bonaventura anlehnt – durchweg der Vulgata oder dem Breviarum Romanum entnommen und folgen damit der römischen Praxis dieser Zeit, die neulateinische Verstexte nur bei außerordentlichen Gelegenheiten oder privat organisierten Feierlichkeiten zuließ. Sowohl Besetzung und musikalische Faktur als auch der traditionelle, zu dieser Zeit bereits im Niedergang befindliche Typendruck unterstreichen den retrospektiven Charakter dieser Sammlung.

(aus dem Vorwort zur Partitur von Gerhard Poppe)

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