Johann Wilhelm Hertel – 1727 in Eisenach geboren – verbrachte den größten Teil seines Lebens in Mecklenburg. Im Jahre 1742 kam er an der Seite seines Vaters, des später als Gambisten berühmten Johann Christian Hertel (1697–1754) nach Mecklenburg-Strelitz, wo er in der Hofkapelle eine erste Anstellung als Violinist und Cembalist fand. Nach einer gründlichen musikalischen Ausbildung in Berlin und Zerbst wurde er im Jahre 1754 von Herzog Christian Ludwig II. von Mecklenburg-Schwerin (reg. 1747–1756) zum Hof- und Capell-Componist[en] ernannt. In diesem Amt komponierte Hertel vorwiegend Instrumentalwerke und repräsentative Festkantaten. Der Thronfolger Herzog Friedrich (reg. 1756–1785) war hingegen Liebhaber der geistlichen Musik. Nach Ende des Siebenjährigen Krieges und der anschließenden Verlegung der Residenz nach Ludwigslust begann der Herzog dort mit der Einrichtung geistlicher Konzerte, die seinem Hof später das Etikett berühmtester Wohnsitz religiöser Musik verliehen. Den Schwerpunkt des geistlichen Vokalwerks Johann Wilhelm Hertels bilden seine Choräle, Psalmen und Kantaten, die er ab 1768 für Herzog Friedrich „den Frommen“ vertonte.
Bei den drei Kompositionen der vorliegenden Ausgabe handelt es sich jedoch um frühere kirchenmusikalische Werke Hertels. Für die Missa alla papale gibt der Komponist in seiner Autobiographie eine Entstehung um 1753 an. Die Motette Ich halte dich datiert Hertel in der Schweriner autographen Partitur (Quelle B) in das Jahr 1755; auf Grund der engen stilistischen Beziehung zwischen den beiden Motetten ist auch das Schwesterwerk Freuet euch in diesen Zeitraum einzuordnen.
Die drei Kompositionen spiegeln weniger das spezielle kirchenmusikalische Repertoire am Schweriner Hof, sondern eher die Thüringer Herkunft des Komponisten. In einem Brief vom 28. März 1756 an den Leipziger Verleger Johann Gottlob Immanuel Breitkopf verweist Hertel auf das reiche musikalische Leben seiner Heimat, „denn es ist ja bekannt, daß in jedem Dorfe alle Sonntag Kirchen-Musique zu hören ist.“ Im Jahre 1753 unternahm Hertel eine Reise nach Thüringen, die er später in seiner Autobiographie ausführlich dokumentierte. Er verweilte zunächst einige Wochen in Gotha „bei seinem Zeit-Genoßen und theuren Freund von Berlin her, Herrn Georg Benda (1722–1795),“ der seit 1750 als Hofkapellmeister auf Schloss Friedenstein wirkte. In seiner Heimatstadt Eisenach schließlich führte ihn sein Weg zum Gymnasium illustre, in dem er als Kind eine solide musikalische Ausbildung erhalten hatte. Dort begegnete ihm sein ehemaliger Lehrer, der Kantor Justus Samuel Ritter (gest. 1756), der sich von ihm ein Stück zum Andenken für den musikalischen Vorrath des Gymnasiums ausbat. Hertel überreichte seine „kurz vorhero alla Papale gesetzte Miße“, die möglicherweise ein Ergebnis von Kontrapunkt-Studien bei Georg Benda darstellt.
(aus dem Vorwort von Franziska Seils)