Gedruckte Texthefte zu Vokalwerken der Komponisten des 17. und 18. Jahrhunderts sind für die Erforschung ihres Schaffens oft von immenser Bedeutung, da die auf den Titelseiten üblicherweise angegebenen Aufführungsdaten und -orte mitunter genauere Angaben über die Entstehungszeit oder die Wiederaufführung eines Werkes enthalten als die autographen Notenmanuskripte oder zeitgenössische Abschriften. Überraschenderweise hat sich in jüngerer Zeit die Russische Nationalbibliothek in St. Petersburg als eine einzigartige Sammelstätte dieser gedruckten Textquellen erwiesen. Viele von ihnen sind als unikal zu bezeichnen. Sie enthalten unbekannte Fassungen von Johann Sebastian Bachs Werken. Bei einigen dieser Werke musste die Entstehung neu datiert werden, wobei die Abweichung zur bisherigen Datierung bis zu 20 Jahre beträgt. Darüber hinaus erweitern die neu entdeckten Quellen unseren Fundus an erhalten gebliebenen Texten zu Vokalwerken von Georg Philipp Telemann (einbegriffen ein bis vor kurzem unbekanntes Passionsoratorium von 1731 sowie Kapitänsmusiken von 1725, 1727 und 1733), Theodor Christlieb Reinhold, Carl Heinrich Graun, Christoph Graupner und anderen deutschen Komponisten. In den Konvoluten finden sich auch eine Reihe von Kompositionen, darunter Werke Georg Riedels sowie unbekannte Motetten von Johann Kuhnau. Mehrere Werke von Michael Jacobi, Friedrich Funcke und Christian Flor wurden wiederentdeckt. Die Studie möchte der Welt diesen Schatz erschließen und einen Beitrag dazu leisten, das Wissen über die Quellen zur deutschen Musik des 17. und 18. Jahrhunderts zu erweitern.