Gustaf Adolf Mankell wurde am 20. Mai 1812 in Christiansfeld in Dänemark geboren und starb am 23. März 1880 in Stockholm. Als Lehrer, Komponist, Interpret und Improvisator trug Mankell wesentlich dazu bei, eine moderne Orgeltradition in Schweden zu etablieren. Er wirkte viele Jahre als Organist an der St. Jakobskirche in Stockholm. Mankell schrieb zahlreiche Orgelwerke, komponierte aber auch Musik für Klavier, Kammermusik und einige geistliche Vokalwerke. 1841 wurde er zum Mitglied der Königlich Schwedischen Musikakademie gewählt. [...]
Orgelspiel ist typischerweise eine einsame Beschäftigung. Als eine Ausnahme bietet das schmale Repertoire an Werken für vier Hände Gelegenheiten zur musikalischen Zusammenarbeit mit Partnern. Für Gustaf Mankell erfüllte diese ansonsten eher randständige Gattung eine Reihe von wichtigen Funktionen. Zu einer Zeit, als große Teile des barocken und klassischen Repertoires in Stockholm noch nie zu hören gewesen waren, spielten seine Bearbeitungen für zwei Organisten eine wichtige Rolle, um sowohl Orchester- als auch Chorwerke für das heimische Publikum erfahrbar zu machen. Und unabhängig davon, ob das Spiel von zwei Organisten den Klang der Orgel tatsächlich über das hinaushebt, was ein einzelner Musiker zu leisten vermag, kam der Aufführung der Orgelduette eine gewisse Aura zu, die nützlich war, um solche Aufführungen beim Stockholmer Konzertpublikum beliebt zu machen. Mankells häufige Auftritte mit dem Domorganisten Carl Thorsell erlangten ein hohes Maß an Aufmerksamkeit in einer Stadt, in der Gelegenheiten, professionelle Orchestermusik zu hören, ein seltenes Gut blieben. Ein Höhepunkt der Zusammenarbeit der beiden Künstler war die Uraufführung von Franz Berwalds (1796-1868) gehaltvoller und gleichsam volkstümlicher Tondichtung En lantlig bröllopsfest („Eine ländliche Hochzeit“).
Für derartige Anlässe bearbeitete Mankell verschiedene Gattungen älterer Kirchenmusik oder auch klassische Werke wie den Chor „Die Himmel erzählen die Ehre Gottes“ aus Joseph Haydns populärem Oratorium Die Schöpfung. Sein Partner Thorsell war ein begabter Cellist, besaß aber als Organist offenbar keine ausreichende Pedaltechnik, um größere Werke von J. S. Bach aufführen zu können. Bearbeitungen der spieltechnisch avancierten Stücke des Leipziger Kantors für zwei Organisten halfen, diese leichter aufführbar zu machen, und trugen so dazu bei, dieses zentrale Repertoire zunehmend ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken. Neben dem pädagogischen Zweck, dem Publikum die Werke vorzustellen, könnten die Bearbeitungen und Originalkompositionen für zwei Organisten auch durchaus Mankells Absichten als Lehrer am Konservatorium gedient haben. Aus musikalischer Sicht kann die gemeinsame Ausführung mit einem erfahrenen Spieler dazu dienen, ein Gefühl für zeitliche Koordinierung, Anschlag, Artikulation und Registrierung zu entwickeln.
Mankells erste Komposition für Orgel zu vier Händen stammt aus dem Jahr 1851. Das zweite Werk stellt eine Bearbeitung einer früheren Fantasie und Fuge in Es-Dur aus dem Jahr 1854 dar. Stücke zu arrangieren und wiederzuverwenden ist typisch für Mankell, ein Umstand, der die Erarbeitung einer präzisen Chronologie seiner Werke zu einem heiklen Unternehmen macht. Dies gilt auch für die sechs Fantasien, die in dieser Ausgabe vorgestellt werden. Die erhaltenen Manuskripte zeigen an, dass die Fantasien während der Jahre 1878 und 1879 entstanden sind. Hier – wie auch in der Reihe der 1874 bis 1877 zusammengestellten groß angelegten Sonaten – ist zu sehen, wie der alternde Mankell seine Kompositionskunst zusammenfassend darstellen wollte. Ein weiteres Motiv für sein anhaltendes Interesse an vierhändigen Stücken zu diesem Zeitpunkt kann auf Grund der beiden wiederkehrenden Widmungsträgerinnen in den Handschriften der Werke vermutet werden. Die Schwestern Daniella Winge (1861-1885) und Terzetta Winge (1864-1945), Töchter des am Konservatorium Musiktheorie lehrenden Otto Daniel Winge (1810-1886), studierten beide, um Berufsorganistinnen zu werden. Während Daniella früh starb, sollte ihre Schwester Terzetta fünf Jahrzehnte lang als Organistin in Småland tätig sein. [...]
Aus dem Vorwort von Jonas Lundblad