Während sich Antonio Rosettis Instrumentalmusik zunehmend der Gunst des Publikums und der Aufmerksamkeit der Wissenschaft erfreut, wird seine Kirchenmusik gerade erst wieder entdeckt. Schwierige Überlieferung und ungeklärte Echtheitsfragen verdunkeln diesen Zweig des Schaffens eines Komponisten, der zu seinen Lebzeiten mit Mozart und Haydn auf Augenhöhe gesehen wurde. Rosettis geistliches Œuvre umfasst neben spektakulären Werken wie dem 1791 zu Mozarts Prager Gedenkfeier erklungenen Requiem von 1776 auch erst wieder in den Blickfeld rükkende Oratorien und kleinere Gelegenheitskompositionen. Hinzu kommen Messen, Requien, Kantaten und kleinere Einzelwerke, deren Überlieferung und Echtheit Fragen offen lassen.
Roland Biener wendet sich diesen Werken mit seinen Untersuchungen nach 100 Jahren der wissenschaftlichen Stagnation erstmals wieder zu. Die Beschäftigung mit dem Umfeld der Werke entwirft ein anschauliches Bild der Pflege geistlicher Musik in den letzten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts. Eine Fülle von Einzelinformationen eröffnet neue Blickwinkel auf einen Komponisten, der sich eigenunternehmerisch einem bestehenden musikalischen Markt stellte. Ausgehend von der Echtheitsfrage beschreibt der Autor jedes einzelne Werk in Struktur und Aufbau und ermöglicht auch dem musikalischen Praktiker einen Eindruck von Werken, die aufzuführen sich auch heute noch lohnt.