Das Archiv der Berliner Sing-Akademie enthält unter der Signatur SA 737 ein Konvolut mit verschiedenen Materialien zu einer Osterkantate Carl Heinrich Grauns (1703/04–1759), die den Titel „Ich suchte den, den meine Seele liebet“ (GraunWV B:IX:5) trägt. Bereits bei den ersten Sichtungen des Archivs nach seiner Rückkehr nach Berlin stellte sich heraus, dass es sich bei der querformatigen Partitur in diesem Konvolut um die autographe Reinschrift des Werkes handelt.
Angesichts einer – auf das Gesamtwerk Grauns bezogen – seltsam fragmentarisch anmutenden Überlieferungslage an Autographen, darf die Tradierung einer vollständig erhaltenen Eigenschrift zu einem kirchenmusikalischen Werk Grauns als besonderer Glücksfall bezeichnet werden. Bereichert das Manuskript einerseits die geringe Zahl an überlieferten Autographen, so bestätigt es andererseits als Träger von Informationen entstehungs- und überlieferungsgeschichtlicher Art bislang nur indirekt aus Abschriften gewonnene Thesen zur Braunschweiger Kirchenmusik C. H. Grauns. Da das Konvolut SA 737 neben dem Autograph auch eine später in Berlin für Aufführungszwecke entstandene Kopie der Partitur sowie Stimmenmaterial und zwei Exemplare eines Textdruckes enthält, lassen sich darüber hinaus auch wertvolle Informationen zur Rezeptionsgeschichte der Kirchenmusik C. H. Grauns sowie zur Berliner Kirchemusikpraxis in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gewinnen.