Nach längeren Vorarbeiten liegt mit diesem Band nun eine kritische Neuausgabe des Neuen Helicon mit seinen Neun Musen des Christian Knorr von Rosenroth (1636 –1689) vor. Das schmale Buch im Duodezformat, 1684 bei dem Nürnberger Drucker Johann Jonathan Felsecker und nochmals 1699 in einer Titelauflage erschienen, stellte die Herausgeber vor allem bei dem sehr klein und undeutlich gedruckten Notensatz vor erhebliche editorische Herausforderungen.
Knorrs Sammlung, die er im eindrucksvoll gestalteten Titelkupfer als „Geistlicher Musen Musicalische Sitten-Lehre“ charakterisiert, vereint 70 in vier Abteilungen angeordnete Lieder; diese vier Teile behandeln die Erkenntnis der Glückseligkeit (Aria 1–7), die Erkenntnis der Unglückseligkeit falscher Güter (Aria 8–26), die Mittel, um zur wahren Glückseligkeit zu gelangen (Aria 27– 56), und schließlich die Mittel, um sich in dieser Glückseligkeit zu erhalten (Aria 57–70). Es schließt sich ein Anhang von fünf Liedern an, der unter anderem Knorrs im Titelblatt angezeigte Übersetzung von Nicolas Fouquets Verstraktat Le Chrestien desabusé du monde (in nicht weniger als 90 Strophen) enthält. Überhaupt machen Übersetzungen einen wesentlichen Teil der Sammlung aus; so werden die ersten beiden Teile des Liederbuchs von Gedichtübertragungen aus Boethius’ Consolatio philosophiae dominiert. Aber auch Übernahmen aus dem Holländischen von Adam Boreel und dem Englischen von Henry More lassen sich nachweisen, darüber hinaus Umdichtungen älterer Kirchenlieder. Im dritten und vierten Teil treten Lieder nach Übersetzungen lateinischer Hymnen hinzu. Dort steht auch Knorrs berühmtestes Lied „Morgen-Glantz der Ewigkeit“. In einer seiner Ehefrau Anna Sophia gewidmeten Nachschrift schließlich veröffentlicht Knorr von Rosenroth als dramatisches Komplement der Lieder sein (ebenfalls im Titelblatt angekündigtes) Geistliches Lust-Spiel von der Vermählung Christi mit der Seelen. Dieses Schauspiel schuf der Dichter für die Feier des Geburtstags von Maria Elisabeth, Herzogin von Sachsen-Coburg, am 27. Januar 1685 als ein „vermengtes Red- und Singe-Spiel“. Der Text des Schauspiels ist in drei Versionen überliefert, die in unserer nach Quellen aufgebauten Edition separat mitgeteilt werden; die handschriftliche Fassung dürfte dem ursprünglich aufgeführten Dramentext am nächsten stehen. Ein den drei Teilen der Edition sich anschließender Kritischer Bericht bietet genauere Quellenbeschreibungen und Fundortnachweise, orientiert über das editorische Vorgehen im Allgemeinen und listet einzelne editorische Eingriffe auf. Im Nachwort geben wir weiterführende Informationen und Deutungen zu Entstehung, Inhalt und Aufbau sowie Rezeption und musikalischer Eigenart des Neuen Helicon. Verzeichnisse der Lieder mit Vorlagen, der Liedanfänge sowie Liedtitel und eine Auswahlbibliographie schließen den Band ab, von dem wir hoffen, dass er nicht nur der Knorr-von-Rosenroth-Forschung, sondern auch der Erforschung der Literatur-, Musik- und Kulturgeschichte des späten 17. Jahrhunderts insgesamt dienlich sein wird. (Aus dem Vorwort der Herausgeber)