Die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einsetzende systematische Erforschung alter Musik ist untrennbar mit dem Namen Robert Eitner als einem der bedeutendsten Musikwissenschaftler der Vergangenheit verbunden. Am 22. Oktober 1832 in Breslau geboren, wurde Eitner nach dem Besuch des Gymnasiums für fünf Jahre Schüler des Breslauer Domorganisten Moritz Brosig (1815 –1887), bei dem er Orgel, Klavier, Violine und Komposition studierte. Nach seinen privaten Musikstudien zog er 1853 nach Berlin, studierte am Institut für Kirchenmusik und eröffnete eine Musikschule. 1868 gründete er die Gesellschaft für Musikforschung und redigierte fortan deren Publikationen. Zwischen 1873 und 1905 erschienen insgesamt 29 Bände der Publikationen aelterer praktischer und theoretischer Musikwerke. Darunter befinden sich auch Einzeldarstellungen des kompositorischen Schaffens von Orlando di Lasso und Hans Leo Haßler. 1877 erschien die Bibliographie der Musiksammelwerke des XVI. und XVII. Jahrhunderts. 1870 wurde Eitner in die Niederländische Gesellschaft zur Förderung der Tonkunst als korrespondierendes Mitglied aufgenommen.
1882 zog Eitner von Berlin nach Templin. Dort nutzte er die Abgeschiedenheit des kleinen uckermärkischen Städtchens, um seine Forschungen fortzusetzen. In Templin entstand zwischen 1899 und 1904 eine seiner bedeutendsten Arbeiten, das Biographisch-Bibliographische Quellen-Lexikon der Musiker und Musikgelehrten der christlichen Zeitrechnung bis zur Mitte des neunzehnten Jahrhunderts (Neuauflage 1959/60). Darin verzeichnete Eitner die Musik der Vergangenheit nach Komponisten, Titel, Besetzung und deren Standort in Bibliotheken. Mit dieser wissenschaftlichen Aufarbeitung wurde das zehnbändige Lexikon (mit drei Nachtragsbänden) für die Erforschung und Publikation alter Musik zum unentbehrlichen Standardwerk der Musikwissenschaft. Für seine Verdienste wurde Robert Eitner 1902 in Berlin zum Königlichen Professor ernannt. In Templin lebte das Ehepaar Eitner in bescheidenen Verhältnissen. Die Ehefrau betrieb eine kleine Gärtnerei in einem Haus in der heutigen August-Bebel-Straße 3. Robert Eitner starb am 22. Januar 1905 in seinem Haus an Influenza. Eine von der Kantorei Templin gestiftete Gedenktafel am Haus erinnert an den großen Gelehrten.
Neben seiner zeitlich enorm aufwendigen musikwissenschaftlichen Arbeit fand Eitner auch noch Zeit zum Komponieren. Erste Kompositionen entstanden zwischen 1857 und 1859. Sein kompositorisches Schaffen umfasst Lieder, Chöre, eine Pfingstkantate und das Oratorium Judith. Im Bestand der Leipziger Städtischen Bibliotheken, Musikbibliothek, findet sich unter der Signatur PM 7863 eine Sammlung von fünf Liedern mit dem Titel:
V
Lieder
gedichtet
von
Tieck, Uhland, Goethe, Chamisso
für eine Singstimme mit Begleitung des Piano Forte
componiert
von
Robert Eitner
1854
Klaus-Jürgen Gundlach
(aus dem Vorwort zur Ausgabe)