Andreas Oswald (d.J.) wurde am 9. Dezember 1634 in Weimar als erstes Kind des gleichnamigen Hoforganisten und Kammermusikers getauft. Er wuchs im Umfeld des Weimarer Fürstenhofes auf und erhielt seine musikalische Ausbildung wohl bei seinem Vater. 1642 siedelte die Familie nach Eisenach über, wo Andreas Oswald d.Ä. kurze Zeit als Hof- und später als Stadtorganist wirkte. Enge Kontakte zu den Hof- und Stadtmusikern in Weimar, Erfurt und Arnstadt blieben bestehen und werden auch den musikalischen Horizont Andreas Oswalds d.J. geprägt haben.
1650 trat der junge Musiker in die Weimarer Hofkapelle ein und wirkte dort bis zu ihrer Auflösung nach dem Tod Herzog Wilhelms IV. Mitte des Jahres 1662. Anfangs war er wohl hauptsächlich für die weltlichen Organistenaufgaben bei der Kammer- und Tafelmusik zuständig, was auch der Stilistik seiner überlieferten Kompositionen entspricht. Bei kirchlichen Anlässen wird hingegen meist ein anderer Organist genannt, von dem Oswald erst um 1660 offiziell das Hoforganistenamt übernahm. Dass er in den Jahren 1654 bis 1656 bei musikalischen Ereignissen am Weimarer Hof nicht unter den Kapellmusikern aufgeführt und erst 1658 wieder in Weimar nachweisbar ist, könnte auf eine mehrjährige Abwesenheit hindeuten. Womöglich kam Oswald in den Genuss einer Bildungsreise, wie sie Herzog Wilhelm IV. auch anderen jungen Kapellmusikern zur Weiterbildung und Vervollkommnung ihrer Fähigkeiten gönnte.
Nach dem Wegfall der höfischen Anstellung zog Oswald 1662 mit seiner jungen Familie nach Eisenach, wo seine Eltern und Geschwister lebten. Als der Vater im Dezember dieses Jahres verstarb, bewarb sich Andreas Oswald d.J. um dessen Nachfolge auf die Stelle des Eisenacher Stadtorganisten, die er im Frühjahr 1663 antreten konnte. Auch während seiner Eisenacher Zeit suchte er die Nähe zur Hofgesellschaft, wird aber in musikalischen Zusammenhängen nicht namentlich erwähnt. Im Alter von gerade einmal dreißig Jahren verstarb Andreas Oswald d.J. und wurde am 31. August 1665 in der Eisenacher Georgenkirche beigesetzt.
Da mit einer Ausnahme sämtliche bekannten Werke Oswalds d.J. im 1662 abgeschlossenen „Partiturbuch“ des Gothaer Hofmusikers Jacob Ludwig überliefert sind, muss es sich hierbei um Kompositionen aus Oswalds Weimarer Zeit handeln. Sie repräsentieren damit die weitgehend verlorengegangene Unterhaltungsmusik am Hof Wilhelms IV. Die große Anzahl der in dieser Quelle kopierten Werke Oswalds d.J. deutet darauf hin, dass er regional ein großes Ansehen genoss.
Andreas Oswald d.J. repräsentiert eine Generation junger mitteldeutscher Musiker, die nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges selbstbewusst an die stilprägende Musik ihrer Zeit anknüpften und sie im Rahmen der eigenen Möglichkeiten mitunter experimentell weiterentwickelten. Die unmittelbare Ausdruckskraft und der Mut zu unkonventionellen Lösungen verleihen seinen Kompositionen eine besondere Faszination.
Jena, im Oktober 2020
Carl-Philipp Kaptain